Das erste Osterfest als Pfarrerin liegt nun hinter mir. Und was soll ich sagen, es war…interessant.
Eine Woche voll mit Gottesdiensten. Fünf an der Zahl (verglichen mit anderen Landpfarrer*innen eine sehr humane Anzahl).
Der Gottesdienst im Seniorenwohnheim in der Passionswoche lief gut. Abgesehen davon, dass es dort kein einziges Gesangbuch gab und ich spontan mein Handy nach dem Liedtext befragen musste (die Besucher*innen waren, glaube ich, nur leicht irritiert).
Als nächstes: Gründonnerstag. Für nächstes Jahr merke ich mir: selbstgebackenes Brot ist super, nur sollte man die Stücke nicht so groß schneiden, dass man erstmal fünf Minuten kaut.
Und dann kam Karfreitag.
Und das war, ich erwähnte es schon, interessant. Der erste Gottesdienst an diesem Tag war um 9 Uhr in meinem Depridorf. Das ist gar nicht böse gemeint, eher tragisch. Meine Erfahrung mit diesem Dorf ist nämlich genau so. Irgendwie deprimierend. Seit ein paar Jahren ist die Teilnehmerzahl in Gottesdiensten und anderen kirchlichen Angeboten, dort rapide gesunken. Meist sitzt man dort nur noch mit vier oder fünf Menschen. Ich persönlich fände das durchaus ok, aber die Menschen dort finden es nicht toll und dementsprechend ist es leider meist eher traurig dort.
Nun ja traurig passt ja durchaus zu Karfreitag und die sechs Menschen, die sich zum Gottesdienst um 9 Uhr auf den Weg gemacht hatten machten ihrem Ruf alle Ehre. Da ich keinen Musiker mit hatte gab es Musik aus dem CD-Spieler. Diesen hatte ich vorne, seitlich auf dem Boden stehend bei der Steckdose platziert. Was ich nicht bedachte bei der Auswahl des Ortes war, das genau dort auch der schöne Taufengel recht tief von der Decke herabhängt.
Es war wirklich eher eine traurige Veranstaltung. Kaum einer sprach mit und auch die Musik vom Band animierte kaum jemanden zum mitsingen. Die Gemeinde schwieg, während ich mich sehr bemühte (zwischen Altar, CD-Spieler (CD wechseln, Musik an), Bank (während der Lieder), CD-Spieler (Musik wieder aus) und wieder Altar) liturgische Präsenz auszustrahlen.
Nächstes Lied: Musik an, singen (allein!), CD wieder aus und beim wieder aufstehen: Krawumm! Das war mein Kopf, der genau in diesem Moment eine nicht besonders sanfte Bekanntschaft mit dem Taufengel machte.
Ein Raunen ging durch die Menge. Endlich eine Reaktion der Gemeinde! Mir schwirrte der Kopf. Ob von der unerwarteten Reaktion, oder dem Stoß kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass mir dieser Moment in Erinnerung bleiben wird. Endlich ein wenig Lebendigkeit im Gottesdienst, auch wenn ich mir dafür fast eine Gehirnerschütterung zuziehen musste.
Erster Gottesdienst geschafft.
Schnell die Kollekte zählen, alles einpacken und weiter.
Ich kam etwas gehetzt an, denn es hatte alles doch etwas länger gedauert, als geplant. Empfangen wurde ich vom Kirchdienst mit einem etwas aufgeregtem Schwall an Worten. In meinem eigenen Gehetze verstand ich nur Wortfetzen: irgendwas von Abendmahlsgeschirr, Grünspan und Glaskanne.
Ich schaute zum Altar: ah ok, das Abendmahlsgeschirr hatte Grünspan (auf den Dörfer gibt es fast nur einmal im Jahr Abendmahl, so dass das Geschirr nicht sonderlich regelmäßig in Gebrauch und das Prozedere auch entsprechend ungewohnt ist). Deshalb stand nun eine Glaskanne dort auf dem Altar. Ich nahm das zunächst so hin.
Erstmal mit dem Gottesdienst beginnen, dachte ich, es wird höchste Zeit.
Die Stimmung in diesem Dorf war eine komplett andere. Der Posaunenchor spielte und es waren insgesamt etwa 23 Menschen anwesend, die mitsprachen und mitsangen!
Es war wirklich schön!
Das Abendmahl rückte näher und ich schielte verstohlen auf das Abendmahlsgeschirr, als ich alles bereitstellte. Da stand tatsächliche eine GlasKANNE. Also so ein Ding mit dem man Flüssigkeit in Gläser oder Becher gießen konnte, aber was nun wirklich nicht zum Trinken geeignet war. Der Brotteller erschien mir riesig und die Kanne mehr als ungeeignet. Aber es half ja nichts. Da müssen wir jetzt durch dachte ich und teilte das Abendmahl aus.
Nach dem Gottesdienst kam die Frau vom Kirchdienst zu mir: sie hätte sich da wohl etwas missverständlich ausgedrückt. Nur die Kanne hätte Grünspan! Der Kelch, auf den sie den Brotteller gestellt hatte (!), wäre vollkommen in Ordnung, den hätte ich ruhig nehmen können.
Ja, nun, was soll ich sagen. Die irritierten Blicke die ich während der Austeilung geerntet habe sprechen immerhin dafür, dass dieses Gottesdiensterlebnis nicht so schnell vergessen werden wird.
So viel zu liturgischer Präsenz.
Und dann Ostersonntag. Ein wirklich schöner Familiengottesdienst.
Über die Komplikationen die jedoch dort hin geführt haben, über kirchliche Mitarbeiter*innen und rollende Steine vielleicht ein anderes Mal.
Der Herr ist auferstanden.
Halleluja!